Reitsafari in Südafrika

Im privaten Wildreservat Waterberg nördlich von Johannisburg ist das Abenteuer zum Greifen nah: Nashörner, Giraffen, Zebras, Büffel – und das auf dem Rücken der Buschponyskönnen sattelfeste und auch unerfahrene Reiter mit diesen wilden Tieren auf Tuchfühlung gehen. Romantische Übernachtungen in der Lodge, leckeres Barbecue im Busch und wertvolle Überlebenstipps inklusive.

„Behaltet den Bullen im Auge“, warnt Anthony. Aber auch ohne seine Aufforderung hätte keiner der Reiter den Blick von dem gewaltigen Tier gelassen. Zwei Stunden hat die Spurensuche durch die Savannenlandschaft und Wälder von Marula und Mopanbäumen geführt. Jetzt tritt der gewaltige Nashorn Bulle in nur drei Meter Entfernung mit seiner kleinen Familie hinter einem dichten Dornenbusch hervor. Argwöhnisch betrachtet er die Besucher. Die plötzliche Nähe des Kolosses lässt den Atem stocken und treibt in Sekunden den Adrenalinspiegel in die Höhe. Aber offenbar erkennt der Bulle, dass wir ihm den nötigen Respekt zollen und keine Gefahr darstellen. Entspannt lässt er seine 2.000 Kilo Lebendgewicht in das grüngoldene Savannengras plumpsen und damit fällt auch ein wenig die Anspannung von uns. Die Kuh reagiert ebenfalls gelassen auf die Besucher und BabyNashorn begießt die menschliche Begegnung im Busch mit einem kräftigen Schluck Muttermilch. Dem Adrenalinstoß folgt ein Gefühl von Euphorie. Unwirklich erscheint die Szene, die sich direkt vor unseren Augen abspielt. Niemals wäre eine Annäherung an die wilden Tiere auf diese Distanz per Jeep oder gar zu Fuß möglich. Bei einer Pirsch durch den Busch klappt das nur, wenn man auf dem Rücken eines Pferdes sitzt. Nashorn hautnah – dieses Erlebnis machen Anthony und Tessa Baber drei Stunden nördlich von Johannesburg in ihrem privaten Wildreservat möglich. In der malariafreien WaterbergRegion gehen sie mit ihren Gästen auf Reitsafari. Und dieses Abenteuer ist keineswegs nur für erfahrene Reiter geeignet, sondern auch für absolute Neulinge. Je nach Kenntnissen wird aus der Herde von etwa 60 BoerperdPferden das passende für die Reitgäste ausgesucht. Dazu begleiten zwei Ranger den Ausritt. Die Buschponys, wie die heimische Rasse auch genannt wird, leben frei in dem 5.000 Hektar großen Wildreservat – gemeinsam mit den wilden Tieren. Man hat sich aneinander gewöhnt. So ist es möglich, sich Giraffen und Zebras, Gnus, Büffeln und Nashörnern beinahe bis auf „FellFühlung“ zu nähern. Elefanten allerdings gibt es hier nicht, auch keine Löwen. Recht beruhigend, wenn man bedenkt, dass man auf dem Lieblingsgericht der Raubkatze unterwegs ist.

Im Galopp durch die Wildnis
Heute ist Anthony mit seinen Gästen auf der Pirsch. Über der olivfarbenen derben Hose trägt er Chaps, ledernde Beinkleider, aus Elefantenleder. „Selber erlegt“, wie er erzählt, „Im Nachbarreservat. Der Elefantenbulle war extrem aggressiv Menschen gegenüber.“ Schießen tut der Tierfreund nur auf solche Störenfriede, kranke oder leidende Tiere, denn Sinn und Ziel des Biosphären Reservates Waterberg ist, die Tier und Pflanzenwelt der Region zu schützen. Es hat geregnet in den letzten Tagen. Nun trocknet die Sonne die rote Erde und lässt die Feuchtigkeit im Busch verdampfen. Es riecht nach Lavendel, Kampfer und wilder Minze, nach Wasser, Wärme und Wildnis. Gemeinsam mit Fährtenleser Tsidi untersucht Anthony den Boden nach Giraffenspuren: In welche Richtung führen die frischen Abdrücke? Wie viele Tiere waren hier und wie lange ist es her? Ausführlich betrachten die beiden den Boden. „Es waren mindestens fünf“, sagt Tsidi. So etwas sieht ein erfahrener Fährtenleser sofort. Die Giraffen sind Richtung Osten unterwegs. Wir verlassen den Sandweg und folgen ihrer Fährte. Ein prächtiger Zebrahengst in Begleitung zweier Stuten mit Fohlen grast friedlich in der Sonne. Auch die Zebras lassen ihre streifenlosen Verwandten bis auf wenige Meter herankommen. Kurz danach taucht über einer Baumkrone der erste Giraffenkopf auf. Mit viel Ausdauer kaut ein riesiger Bulle kräftig speichelnd auf einem Antilopenknochen herum– eine natürliche Art für die Pflanzenfresser Kalzium aufzunehmen. Aus fünf Metern Höhe schaut der Bulle sabbernd, aber freundlich auf die kleinen Reiter. Nach und nach zeigen sich mehr als zwanzig der langhalsigen Tiere. Im wiegenden Schritt stolzieren die Giraffen gemächlich im Passgang um uns herum. Meine Stute Marula zuckt nur gelangweilt mit dem Ohr und schnaubt einmal kräftig. Auch die anderen Pferde bleiben trotz der beinah doppelt so großen Tiere völlig entspannt. Als wären wir Teil der Herde bewegen wir uns zwischen den Giraffen.

Stilvoll übernachten
Anthony freut sich, dass es ihm wieder einmal gelungen ist, das gesuchte Wild aufzuspüren. Seine Augen blitzen vergnügt unter dem beigen Schlapphut hervor. „Good Boy, Good Boy!“ Mit sich, der Welt und vor allem seinem Pferd zufrieden, klopft er liebevoll den verschwitzen Hals seines kräftigen Braunen. Hier draußen, das spürt man deutlich, ist er völlig in seinem Element. Gegen Mittag steht der Wind günstig, um wieder Witterung aufzunehmen. Und zwar von gebratenem Fleisch. Küchenchef Eric bereitet an einem kleinen Bach eine köstliche Mahlzeit für die hungrigen Reiter. Der Meisterkoch verwöhnt die Gäste nicht nur täglich auf der Lodge, sondern verpackt auch ab und zu Küche und Köstlichkeiten, um an besonders schönen Plätzen im Reservat seine traditionellen Leckereien aufzutischen. Auf dem Grill brät heute Antilopenfleisch, dazu gibt es Gemüse, süße Kartoffeln und frische Früchte. Wir satteln die Pferde ab und entlassen sie mit einem freundlichen Klapps in die Mittagspause, bevor wir uns im kühlen Schatten am gedeckten Tisch niederlassen: zum romantischen Barbecue im Busch. Mit dem Landrover geht es zurück in die Lodge. Zeit um Essen und Eindrücke zu verdauen. Ant ́s Nest und Ant ́s Hill heißen die beiden Buschquartiere im Reservat. Nicht, weil hier Ameisen herumkrabbeln, sondern weil sie Anthony gehören. Ant ́s Nest ist das alte Farmgebäude der Familie im Tal, das zu einem Gästehaus umgebaut wurde. Ant ́s Hill liegt auf dem Kamm eines Felsens und besteht aus einer handvoll reetgedeckter Steinhäuser. Die Einrichtung ist komfortabel und elegant, dabei aber behutsam auf die Natur abgestimmt. Stämme von heimischen Bäumen dienen sowohl als Handtuchhalter als auch als Reling für die Holzveranda. Erd und Sandtöne verbreiten eine warme afrikanische Atmosphäre. Über dem offenen Kamin hängt ein Zebragemälde. Idee und Konzept auf Ant ́s ist es nicht nur, einen kompletten Rundumservice mitten m Busch zu bieten, sondern auch ganz individuell angepasste Wildnis Erlebnisse zu ermöglichen. Wer also absolut nicht aufs Pferd steigen möchte, kann den Busch auch anders erobern: Klassisch im Jeep, sportlich per Mountainbike oder zu Fuß. Beide Beine fest auf afrikanischem Boden geht es am Nachmittag mit Ranger Chris auf einer geführten Wanderung in den Busch. Während man auf dem Pferd näher an die Tiere herankommt, erhält man hierbei einen guten Eindruck von Flora und Fauna. Chris ist auf einer Farm aufgewachsen. Der Busch ist ihm vertraut, die Wildnis sein Zuhause.

„Hier sieht das ungeübte Auge nur eine Kuhle“, erklärt Chris. Er aber weiß, dass sie einem Gnu als Schlafplatz gedient hat. Vielleicht ist das Tier noch in der Nähe. Chris scharrt mit dem Fuß, hält die Fäuste vor den Mund und stößt einen schnaufenden Laut aus. Er imitiert den Warnruf der Tiere: „Ich habe dich gesehen, zeig dich!“ Aber es scheint, als ahne der Bock, dass er nicht zum Rivalenkampf aus dem Busch gelockt werden soll, sondern zum Fotografieren. Wenig später haben wir mehr Glück. Ein riesiger Kudu Bulle schlendert genau an uns vorbei.„Jo, Jo, Jo“, ruft Chris begeistert. Obwohl er schon tausende der Tiere in seinem Leben gesehen hat, freut er sich über jede Begegnung. Zum Abschluss gibt Chris uns ein paar Überlebenstipps: Er bricht einen Zweig, schält die Rinde ab und deutet auf die grünen Fasern: „Hieraus lässt sich im Notfall ein Strick knüpfen. Und sollte uns das Wasser ausgehen, einfach das TShirt um die Beine binden. Nach wenigen Minuten lässt sich die aufgesaugte Feuchtigkeit auswringen.“ Glücklicherweise geraten wir nicht in die Situation zu verdursten, sondern werden ganz im Gegenteil, rechtzeitig zum Sonnenuntergang, auf dem Hügel eines Berges empfangen – zum klassischen Sundowner. Kilometerweit reicht der Blick vom Berg über die umliegenden Ebenen des Waterberg Buschfeldes. Rund um den Tisch stehen Öllampen und im Feuerkorb lodern die Flammen. Chris mixt den obligatorischen GinTonic. Und während vor uns pinkfarben die Sonne über dem Tal untergeht, steigt hinter uns hellgelb der Mond empor. In Afrika ist die Zeit der Dämmerung kurz. Schnell bricht die Dunkelheit herein und umschließt die reetgeckten Buschhäuser. Vom Himmelbett schaut man direkt in den afrikanischen Sternenhimmel. Ganz still wird es nie im Busch. Irgendwo grunzt, raschelt und röhrt es immer. Rufe von Eulen, die Schreie der Buschbabys und das Zirpen der Grillen durchdringen die Dunkelheit. Und in der Ferne heult eine Hyäne – die Sinfonie der afrikanischen Tiere wiegt uns in den Schlaf.

Buchen: Die angebotene Reise ist zu buchen über AEROSKI REISEN, Dr. Erben GmbH, Im Banngarten 15, 61273 Wehrheim, Tel. +4960812082.Vier Übernachtungen in Ant‘s Hill oder Ant‘s Nest kosten inkl. aller Mahlzeiten und Getränke und der angebotenen Aktivitäten (Reiten, Game Drives, Game Walks und Mountainbiketouren) ab 1.350 Euro, Kinderpreise ab 790 Euro
Bester Reisezeitraum
: Mitte April bis Ende November. Von November bis März können die Tage sehr heiß sein und es kommt häufig zu Gewittern. Das Klima in den Wintermonaten ist mild, tagsüber sind die Temperaturen angenehm warm, früh am Morgen und abends ist es recht kühl.
Anreise: Flüge nach Johannesburg u.a. mit SAA, Lufthansa, KLM, British Airways ab zahlreichen deutschen Flughäfen, realistisch ab 700 Euro. Wohnen:  Ant‘s Nest und Ant‘s Hill, PO Box 441, Vaalwater, 0530, www.waterberg.net, E-Mail: reservation@waterberg.net

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Mit freundlicher Genehmigung von PferdeSport International Ausgabe 14/15_2019